DEUTSCHLANDMedizinischer Infoservice  0800 000 4507
ByYourSideForLife_Logo_v2_-02 (1).svg

Position von Besins Healthcare Germany

Die Wechseljahre bilden zwar einen natürlichen Übergang im Leben einer Frau, etwa im Alter zwischen 45 und 55 Jahren, die hormonellen Veränderungen können aber mit massiven körperlichen und seelischen Beschwerden einhergehen1, während gleichzeitig die Risiken, z. B. von Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant steigen. Die Frauen befinden sich in dieser gesundheitlich fordernden Lebensphase zum einen auf der Höhe ihrer Karriere, haben häufig noch Kinder im Jugendalter zu versorgen und übernehmen die Pflege pflegebedürftiger Angehöriger. Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen dauern durchschnittlich 7,4 Jahre an und stellen damit eine gesundheitliche und soziale Herausforderung über viele Jahre bis zu einem ganzen Jahrzehnt dar. 

Über 90 % der Frauen in Deutschland erleben Wechseljahressymptome2, die sie sowohl im privaten als auch im professionellen Bereich einschränken können. Die Diskussion zum Thema Wechseljahre3  sollte sich folglich nicht allein auf die individuellen gesundheitlichen Herausforderungen beschränken, sondern auch in Wirtschaft und Gesellschaft eine Rolle spielen.

Die wirtschaftlichen Konsequenzen von Wechseljahresbeschwerden am Arbeitsplatz sind nicht zu unterschätzen, vor dem Hintergrund der Erwerbstätigkeit von Frauen in Zeiten des Fachkräftemangels, wirtschaftlicher Herausforderungen, steigender Lebenserwartung und der zunehmend aktiven Rolle von Frauen in der Gesellschaft insgesamt. Aktuellen Schätzungen zufolge belaufen sich die volkswirtschaftlichen Kosten von Wechseljahresbeschwerden am Arbeitsplatz allein in Deutschland auf rund 9,4 Milliarden Euro pro Jahr, was fast 40 Millionen Arbeitstagen entspricht4, die der Gesamtwirtschaft verloren gehen. Insbesondere für Frauen mit Führungsverantwortung am Arbeitsplatz, mit oft komplexen Herausforderungen, können die Wechseljahre einer aktuellen Studie zufolge eine erhebliche Einschränkung für die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden darstellen5. Eine Unterstützung von Frauen in dieser Lebensphase am Arbeitsplatz könnte hier Abhilfe schaffen, jedoch sollten Arbeitgeber bei der Einführung und Umsetzung von Maßnahmen nicht allein gelassen werden.
Aus Perspektive der von Beschwerden betroffenen Frauen zeigt die aktuelle Forschung, dass es nach wie vor an allgemeiner Aufklärung zum Thema Wechseljahre fehlt, aber auch, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung während der Wechseljahre unzureichend ist.6

Vor diesem Hintergrund stellen wir folgende Forderungen an die Politik:

 

  1. Umsetzung von Maßnahmen zur Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung zum Thema Wechseljahre, in Form von längerfristigen Informations- und Aufklärungskampagnen. 
  2. Sicherstellung des Zugangs zu einer qualitativ hochwertigen medizinischen und psychosozialen Versorgung, insbesondere durch spezifische Angebote der Krankenkassen für Frauen in den Wechseljahren. 
  3. Integration geeigneter Maßnahmen zum Umgang mit Wechseljahresbeschwerden in das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM), um die Umsetzung dieser Maßnahmen am Arbeitsplatz zu erleichtern und im Arbeitsalltag zu verankern.
  4. Förderung gezielter Forschung zu Wechseljahren, der Symptome und Auswirkungen auf das Altern und die Leistungsfähigkeit der Frauen, um evidenzbasierte Maßnahmen im Rahmen der Gesundheitsversorgung bzw. am Arbeitsplatz zu entwickeln.
  5. Verankerung gynäkologisch-endokrinologischer Lehrinhalte in die Aus- und Weiterbildung von Gesundheitspersonal, speziell in der Weiterbildung im Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe. 
  6. Adäquate Honorierung von Beratung und Behandlung spezifischer Themen im Zusammenhang mit den Wechseljahren, die mit einer EBM-Ziffer zu hinterlegen wäre oder als Prävention in Form eines Wechseljahre-Check-Ups umgesetzt werden könnte. 
  7. Etablierung einer ressortübergreifenden „Menopause Taskforce“ (Familie, Wirtschaft, Gesundheit) nach dem Vorbild der „Women’s Health Strategy“ in Großbritannien7 - eine Arbeitsgruppe, die gemeinsam evidenzbasierte Lösungen und Empfehlungen in eine „Menopause-Strategie“ ableitet.  


Um eine umfassende Unterstützung für Frauen in dieser bedeutsamen Lebensphase der Wechseljahre sicherzustellen und die volkswirtschaftlichen Konsequenzen davon zu adressieren, ist ein Handeln der beteiligten Politikressorts unerlässlich. Mit der Umsetzung dieser Forderungen ist nicht nur eine Verbesserung des Wohlbefindens der Frauen zu erwarten, sondern auch ein positiver Einfluss auf die Gesellschaft und Wirtschaft in Deutschland.

 

Erläuterungen:

  1. Aufklärung und Sensibilisierung  
    Trotz wachsender Aufmerksamkeit rund um das Thema Wechseljahre ist es notwendig, das Bewusstsein für diese Lebensphase von Frauen in der gesamten Bevölkerung zu schärfen. Eine Sensibilisierung sollte so früh und so umfassend wie möglich erfolgen; seitens der Gesundheitspolitik könnten Informations- und Aufklärungskampagnen auf den Weg gebracht werden, um im Rahmen von Bildungs-, Medien- und Gesundheitsangeboten für die medizinischen, sozialen und gesellschaftlichen Aspekte rund um die Menopause auf Basis aktueller wissenschaftlicher Evidenz zu informieren. Die Informationskampagne zum Thema Wechseljahre8, die zu Beginn 2025 von Bayerns Gesundheits- und Präventionsministerin Judith Gerlach initiiert wurde, könnte hier als Vorbild dienen und bundesweit umgesetzt werden. 
     
  2. Zugang zur Gesundheitsversorgung
    Der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung muss für Frauen in den Wechseljahren gewährleistet sein.  Hier bedarf es noch deutlicher Verbesserungen, um bestehende Versorgungslücken zu schließen. Dies beinhaltet auch einen niedrigschwelligen Zugang zu psychosozialer Begleitung und zu Therapieangeboten für Frauen, die aufgrund der psychischen Belastungen, die mit den Wechseljahren einhergehen können, Unterstützung benötigen. Hier sind auch die Krankenkassen gefordert. Einer aktuellen Umfrage zufolge bewerten Frauen die Unterstützung insbesondere von Krankenkassen aufgrund von Kommunikations- und Finanzierungslücken oft als fehlend oder unzureichend.6 Krankenkassen müssen ihre Leistungen für Frauen in den Wechseljahren erweitern und die Zugänglichkeit bestehender Angebote stärken.
     
  3. Unterstützung am Arbeitsplatz
    Arbeitgeber sollten verpflichtet werden, im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) gezielte Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen in den Wechseljahren zu implementieren. Dazu gehören unter anderem die Schaffung eines flexiblen Arbeitsumfeldes, ebenso Schulungen für Führungskräfte, um ein besseres Verständnis für die Herausforderungen während der Wechseljahre zu fördern und eine unterstützende Unternehmenskultur zu etablieren. Konkrete Maßnahmen im BGM könnten Workshops und Seminare zum Thema Menopause umfassen, und/oder individuelle Unterstützungsprogramme (z. B.  Check-ups zur Herz-Kreislauf-Gesundheit in den Wechseljahren), die im Rahmen der Handlungsfelder und Präventionsprinzipien des GKV-Leitfadens Prävention9, gefördert werden können.
     
  4. Forschung, Evidenz und Daten
    Trotz der gesellschaftlichen Relevanz sind die Menopause und ihre Folgen in der Forschung relativ unterpräsentiert und unterfinanziert. Frauenspezifische Gesundheitsbedingungen wie das prämenstruelle Syndrom, die Wechseljahre, Probleme mit der Müttergesundheit, Gebärmutterhalskrebs und Endometriose reißen eine Gesundheitslücke von 14 % in Bezug auf Sterblichkeit und Krankheitslast. Dennoch werden für die Erforschung weniger als ein Prozent der Forschungsmittel ausgegeben, dies ergibt eine aktuelle Studie des World Economic Forums. Es besteht daher dringender Bedarf an der gezielten Förderung von interdisziplinärer Forschung zu Wechseljahren und deren Einfluss auf gesundes Altern, wie z. B. kardiovaskuläre und psychische Auswirkungen, sowie zu evidenzbasierten und individualisierten Therapien.10
     
  5. Aus- und Weiterbildung von Gesundheitspersonal  
    Während es Allgemeinmedizinern und Allgemeinmedizinerinnen oft an Wissen zu Wechseljahresbeschwerden fehlt, mangelt es in der Gynäkologie an gynäkologisch-endokrinologischen Grundlagen zu Anamnese und Therapie von peri- und postmenopausalen Beschwerden und ihren Langzeitfolgen. Die entsprechende Anpassung der Curricula sowie Schaffung neuer Lehrstühle und Sektionsstrukturen zur Aufhebung des akademischen Defizits in der medizinischen Aus- und Weiterbildung zu Gynäkologischer Endokrinologie und Reproduktionsmedizin soll dem entgegenwirken, um Frauen in dieser Lebensphase adäquat medizinisch begleiten zu können (vgl. Marburger Manifest11).
     
  6. Honorierung von Beratung und Behandlung
    Die Honorierung der Gynäkologinnen und Gynäkologen für Beratungen, verbunden mit einem spezifischen Gesundheits-Check-up im Kontext der Wechseljahre muss angemessen erfolgen und mit einer EBM-Ziffer hinterlegt werden – vergleichbar z. B. mit der Beratung im Rahmen der Empfängnisregelung, um eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten. 
     
  7. Arbeitsgruppe und Strategie zur Menopause 
    Ein ganzheitlicher Ansatz beim Thema Wechseljahre ist für die Entwicklung umfassender Lösungen und Angebote entscheidend. Aus diesem Grund fordern wir die Etablierung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe zum Thema, die sich nach dem Vorbild der „UK Menopause Taskforce“ aus den Ressorts Gesundheit, Arbeit, Wirtschaft und Familie zusammensetzt. Ziel der Arbeitsgruppe sollte zunächst sein, eine „Menopause-Strategie“ bzw. „Wechseljahre-Strategie“ zu entwickeln, die Frauen während dieser langjährigen Phase umfassend unterstützt. 

Quellen

1 Hierzu zählen u. a.: Hitzewallungen, die durchschnittlich 7,4 Jahre andauern, z. T. massive Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Blasenschwäche

2 Forschungsprojekt MenoSupport, https://blog.hwr-berlin.de/menosupport/ergebnisse/ (zuletzt abgerufen am: 05.05.2025).

3 Während es sich bei der Menopause aus wissenschaftlicher Sicht explizit um die letzte Regelblutung im Leben einer Frau handelt, können die Wechseljahre in drei Phasen (Prä-, Peri- und Postmenopause) unterteilt werden. 

4 Pressemitteilung „Deutsche Volkswirtschaft leidet unter den Wechseljahren“, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, 20.11.2024. https://www.hwr-berlin.de/aktuelles/neuigkeit/detail/4510-deutsche-volkswirtschaft-leidet-unter-den-wechseljahren (zuletzt abgerufen am: 05.05.2025).

5 Studie „Wechseljahre und Leadership: Impact und Support am Arbeitsplatz für Führungskräfte“ des Women in Change-Projekt der Healthcare Frauen, https://www.healthcare-frauen.de/fileadmin/user_upload/06_presse/01_pressemeldungen/GB_Prof._Dr._Susanne_Eble_HCF_HCM-03-25_40-41.pdf (zuletzt abgerufen am: 05.05.2025).

6 GKV-Marktstudie „Wechseljahre im Fokus: Was Frauen von ihrer Krankenkasse wünschen – und bisher vermissen“ https://www.presseportal.de/pm/78665/5965261 (zuletzt abgerufen am: 05.05.2025).

7 Women’s Health Strategy for England“, https://www.gov.uk/government/publications/womens-health-strategy-for-england/womens-health-strategy-for-england (zuletzt abgerufen am: 05.05.2025).


8 Bayern: Informationskampagne zum Thema Wechseljahre, https://www.stmgp.bayern.de/gerlach-startet-informationskampagne-zum-thema-wechseljahre-bayerns-gesundheits-und/ (zuletzt abgerufen am: 05.05.2025).


9 GKV Leitfaden Prävention, https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/ praevention__ selbsthilfe__beratung/praevention/praevention_leitfaden/2024-12-19_GKV-Leitfaden_ Praevention_barrierefrei.pdf  (zuletzt abgerufen am: 05.05.2025).

10 Studie des Weltwirtschaftsforums und des McKinsey Health Institute, https://www.mckinsey.com/mhi/our-insights/blueprint-to-close-the-womens-health-gap-how-to-improve-lives-and-economies-for-all (zuletzt abgerufen am: 05.05.2025).

11 Marburger Manifest, https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/a-2114-2916.pdf?cooperation=oesXRVrCyCbnibDBsb6eFcWxtDfAb9uQUV3ypLkX (zuletzt abgerufen am: 05.05.2025).

Frau_50_orange_M_1_WJ_1200_630_Rechte_BHG_15052025.png