Im Koalitionsvertrag1 ist es festgelegt: Menschen mit Kinderwunsch sollen unbürokratischer als bisher ihre Familie planen können. Wo die Fallstricke liegen – das war Thema des von Besins Healthcare Germany initiierten Parlamentarischen Frühstücks zum Thema „Reproduktive Förderungsrechte stärken“ am 25.11.2022 in Berlin. Das Hauptproblem, so die Experten Prof. Dr. Heribert Kentenich und Prof. Dr. Jochen Taupitz: Die maßgeblichen Gesetze zu diesem Thema sind veraltet und weder medizinisch noch gesellschaftlich auf der Höhe der Zeit.
Nach Begrüßung durch die Schirmherrin, Katrin Helling-Plahr (MdB FDP), und ihrer Einordnung der im Koalitionsvertrag formulierten Änderungswünsche für Paare mit Kinderwunsch, referierten Prof. Dr. Heribert Kentenich (Gründungsmitglied und Gesellschafter des Fertility Center Berlin) und Prof. Dr. Jochen Taupitz (Direktor des Instituts für Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim) über medizinische und rechtliche Fallstricke, die Menschen mit Kinderwunsch die Familiengründung erschweren. „In den letzten Legislaturperioden wurden die offenen Fragen der Reproduktionsmedizin nicht grundlegend und umfassend behandelt“, so Prof. Dr. Taupitz.
Neben der Forderung, das förderwürdige Alter der Paare anzupassen, steht die Forderung im Raum, auch Kryozyklen zu fördern und in Deutschland endlich auch den elektiven Single-Embryo-Tansfer als Regel zu etablieren. Dies ist in anderen europäischen Ländern längst üblich.
Ebenso war man sich nahezu einig, dass das Embryonenschutzgesetz von 1990 weder den reproduktionsmedizinischen noch den gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen 30 Jahre gerecht wird. So dürfen Embryonen, die während einer fortpflanzungsmedizinischen Behandlung entstanden sind und innerhalb der Kinderwunsch-Behandlung nicht verwendet wurden, derzeit nicht für wichtige Forschungszwecke eingesetzt werden – dies ist in anderen Ländern jedoch möglich.1 Zudem ist beispielsweise bisher die finanzielle Unterstützung der Kinderwunsch-Behandlung auf heterosexuelle Paare innerhalb eines festgelegten Alterskorridors beschränkt. „Für alle Menschen mit Kinderwunsch und für die Gesellschaft insgesamt ist es sehr wichtig, dass sich die Politik nun mit dieser Thematik befasst“, so Prof. Dr. Kentenich.
Prof. Dr. Kentenich und Prof. Dr. Taupitz erklärten sich konform mit der Forderung der Politik, dass sowohl die medizinisch indizierte Kinderwunschbehandlung bei gemischtgeschlechtlichen Paaren wie auch gleichgeschlechtlicher Paare in angemessenem Umfang finanziert werden soll. Weiter führten Sie aus, dass es dringend notwendig sei, die Eizellspende zu legalisieren und das Samenspenderregister um ein Register für Eizellspenden zu erweitern.2 Nach einer möglichen Legalisierung der Eizellspende, wie sie im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt wird,2 könnte ein solches Register den auf der Basis einer Eizellspende entstandenen Kindern als Quelle für eine rechtssichere und unabhängige Auskunftsquelle zu ihrer Herkunft dienen.3
Diese und weitere Forderungen sind auch in dem Positionspapier2 zur Veranstaltung zu finden und der Pressemeldung als Information beigefügt.
Die Veranstaltung stieß auf fundiertes fachliches Interesse: Fünf Mitglieder des Bundestages (MdB), drei Mitarbeiterinnen aus den beiden Bundesministerien für Gesundheit und Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie ein wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Abgeordneten nutzten die Möglichkeit, sich im Rahmen des Parlamentarischen Frühstücks über dieses wichtige Thema zu informieren und fachkompetent mitzudiskutieren.
Wie auch die breite Öffentlichkeit für Themen wie Unfruchtbarkeit und ungewollte Kinderlosigkeit sensibilisiert werden kann – darum ging es am 29.11.2022 bei einer von Fertilly organisierten und u. a. von Besins Healthcare unterstützten Podiumsdiskussion (https://fertilly.com/de/thinktank/). Dort stellte Bundestagsmitglied Katrin Helling-Plahr (FDP) klar: „Das Verbot der Eizellspende ist nicht mehr zeitgemäß. Mit Blick auf das Ausland und auf die Medizin führt kein Weg an der Legalisierung der Eizellspende vorbei.“4
Quellen:
- Kentenich H, Taupitz J, Hilland U. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung: Was sich in der Reproduktionsmedizin verändern soll. J Reproduktionsmed Endokrinol 2022; 19 (2):86-91.
- Ortius-Lechner D. Positionspapier. Notwendige Änderungen im Recht der Reproduktionsmedizin.
- Analog zum Samenspenderregistergesetz. Vgl. Fragen und Antworten – Samenspenderregistergesetz.
Fertilly, Pressemitteilung „Problem unerfüllter Kinderwunsch“ vom 01.12.2022. - Über Fertilly: https://fertilly.com/de/thinktank/